Patrick Kulinski und sein Holzpfosten-Moment für die Ewigkeit

Am Samstagabend hätten wir normalerweise unser letztes Heimspiel der Futsal-Saison gegen die Panthers Köln bestritten – aufgrund der Coronakrise findet das Spiel nicht statt. Gleichzeitig wäre es Zeit für die Verabschiedung eines besonderen Holzpfosten gewesen.

Nach mehr als sechs Jahren beim Schwerter Futsal-Hauptstadtklub kehrt “Kulle” dem Hallensport den Rücken. Er schenkte dem Klub einen der emotionalsten Momente der Vereinsgeschichte.

Als Patrick Kulinski, genannt “Kulle”, den kleinen nicht komplett aufgepumpten Futsalball von Stephan Kleine zugespielt bekommt und mit der Sohle stoppt, bleibt die Zeit in der emotional völlig aufgeheizten Ischelandhalle in Hagen an diesem 11. April 2015 für einen Moment stehen. Zuschauer reißen in diesem Moment in Zeitlupe die Augen auf, sieben Futsalspieler und zwei Torhüter aus Schwerte und Hamburg verlangsamen ihre Bewegungen.

Kulinski blickt kurz hoch und trifft eine Entscheidung. Wenn man ihn heute, fast fünf Jahre später nach diesem Finalspiel von Hagen, nach dieser Sekunde in seiner Futsal-Karriere fragt, sagt der 30-Jährige: “Ich hatte für einen kurzen Moment eine Lücke gesehen.”

Kulle sieht Räume und Lücken, die kaum ein anderer sieht

Dass diese Lücke da war, würden einige seiner damaligen Mitspieler heute immer noch dementieren. Doch “Kulle” sah häufiger Räume und Lücken, die andere nicht sahen. Im damaligen Trainerteam galt er als Spieler, der an guten Tagen Spiele im Alleingang für die Holzpfosten entscheiden konnte – und an schlechten gegen sie.

Weil er immer den Ball haben wollte. Weil er Verantwortung übernahm. Selbst, wenn er das gar nicht tun sollte. Weil er den unmöglichen Schuss ab und zu dem einfachen Pass vorzog. Kulinski will und wollte auf dem Feld immer das Maximum.

Nils Klems holt Kulinski zu den Holzpfosten

Das ist schon früh zu erkennen, als er zusammen mit Freunden Deportivo Unna gründet und in ersten Pokalduellen den Holzpfosten das Leben schwer macht. Der erste Kontakt mit Nils Klems kommt zustande, der damals auf der Suche nach Verstärkung des eigenen Futsal-Teams ist. Doch wer einen Verein gründet, der geht nicht einfach woanders hin, das weiß man bei den Holzpfosten besser als irgendwo anders.

Doch als Deportivo Unna zwangsabsteigen muss und die Mannschaft vom Spielbetrieb abgemeldet wird, da erinnert sich Kulinski an das Angebot. “Ich habe ein paar Mal mittrainiert und mich dann angemeldet”, sagt “Kulle” über diese Zeit Ende des Jahres 2013.

Voll eingespannt – bei Holzpfosten und beim BVB

Dass er bereits frühzeitig Ambitionen als Trainer hat, merken seine Mitspieler sofort. Kulinski redet mit, kennt sich aus, übernimmt das Aufwärmen, teilweise sogar Trainingseinheiten – wenn er denn rechtzeitig da ist. Denn seine berufliche Laufbahn als Jugendtrainer in der BVB-Fußballschule nimmt ihn zeitlich schon damals sehr ein.

Dass er als Letzter in die Halle kommt, ist ein Running-Gag im Holzpfosten-Kreis. Seine zeitaufwändige Trainer-Tätigkeit ist auch jetzt einer der Gründe für seine Entscheidung, mit dem Futsal aufzuhören.

“Aufgrund meines Jobs beim BVB, meinem Engagement als Co-Trainer in der 1. Mannschaft vom SuS Kaiserau und meinen persönlichen Verpflichtungen ist es nicht mehr machbar. Jeder der mich kennt, weiß, dass ich wenn ich etwas mache, das dann auch mit Überzeugung tun möchte und das hätte ich nicht einhalten können”, schrieb er zum Abschied in die Mannschafts-WhatsApp-Gruppe. Im Sommer übernimmt er den Fußball-Kreisligisten RW Unna als Chef-Trainer.

„Viele emotionale und unfassbar prägende Momente“

“Ich blicke auf unfassbar viele emotionale und unfassbar prägende Momente zurück wenn ich an Holzpfosten Schwerte denke…die Finalwochen, die damit verbundenen Endspiele, die vielen spaßigen und intensiven Trainingseinheiten, die Vorbereitungswochen, die vielen Begegnungen mit verschiedensten korrekten Charakteren, die WDR/Sportschau Beiträge des Vereins, die unglaublich vielen ehrenamtlichen Leute, die das Miteinander in einem Verein lieben und leben, die Hoolzpfosten und die damit verbundenen abgerissenen Kilometer und vieles, vieles mehr!”

Dazu gehört natürlich auch diese 32. Minute des Finalspiels um die Deutsche Meisterschaft. Der Ball löst sich von seiner Sohle, sein Arm schnellt unnachahmlich nach hinten, der rechte Fuß nach vorne, die Kugel fliegt am rechten Ohr von Nationalspieler Michael Meyer vorbei und über die Schulter des überraschten Yalcin Ceylani im Hamburger Kasten hinweg – ins Tor.

Der Jubel der 2500 Zuschauer in Hagen ist ohrenbetäubend: “Ich habe instinktiv draufgehalten. Als der Ball drin war, habe ich zu den Zuschauern hochgeschaut und in viele bekannte, jubelnde Gesichter geschaut. Dann kamen auch schon alle Mitspieler angerannt und -gesprungen. Es war unfassbar geil. Ein Moment für die Ewigkeit.”

Ein Moment, den wohl kein Holzpfosten, der dabei war, jemals vergessen wird. Und der untrennbar mit Patrick Kulinski verbunden ist.